05/22/2003

Die Saison 2003 der Aktionärsgeneralversammlungen ist gegenwärtig davon geprägt, dass Investoren die Entschädigungen der Verwaltungsräte und Manager verstärkt unter die Lupe nehmen. So wurden allein in den Vereinigten Staaten 320 Aktionärsanträge zu diesem Thema auf die Traktandenlisten gesetzt. Mehrere von ihnen konnten mehr als 50% der Stimmen auf sich vereinigen, Anteile in einer Höhe, wie sie bisher noch nie erreicht wurden.

Auch in Grossbritannien verliefen mehrere Generalversammlungen der sprichwörtlichen Gelassenheit der Anleger zum Trotz äusserst stürmisch, dies wegen der scharfen Interventionen von Vertretern grosser institutioneller Anleger, von Vermögensverwaltern und Consultants, welche die "überrissenen" Vergütungen anprangerten. So wurde der Entschädigungsbericht an der kürzlichen GV von Glaxosmithkline von 50,72% der Abstimmenden, darunter auch ethos, zurückgewiesen, und zwar insbesondere wegen des für den CEO, Jean-Pierre Garnier, vorgesehenen "goldenen Fallschirms". Die Höhe seiner allfälligen Abgangsentschädigung von 22 Millionen Pfund Sterling wurde schlicht als skandalös beurteilt. Obwohl auch andere Gesellschaften (Shell, Prudential, Reuters, Schroders, HSBC) die Wut der Anleger wegen der für die Spitzenmanager geschnürten Entschädigungspakete zu spüren bekamen, ist dies das erste Mal in der Geschichte der Aktiengesellschaften in Grossbritannien, dass ein Antrag des Verwaltungsrats über die Vergütungen in der Abstimmung verworfen wurde. Obwohl diese Misstrauensvoten der Aktionäre nur Empfehlungscharakter haben, sind sie deutliche Signale für den Verwaltungsrat und das Management, dass die Toleranz der Aktionäre gegenüber exzessiven Entschädigungen - zumal in Zeiten grosser finanzieller Schwierigkeiten und anhaltenden Zerfalls der Aktienkurse - ihre Grenzen erreicht hat.

In der Schweiz können die Aktionäre nicht über die Entschädigungspolitik der Gesellschaften abstimmen. Sie können jedoch nötigenfalls ihre Ablehnung indirekt kundtun. So stimmte ethos bei Centerpulse gegen die Bestätigungswahl des Präsidenten des Entschädigungsausschusses, weil das Unternehmen unter seiner Leitung Beteiligungspläne ausgearbeitet hatte, bei denen der Ausübungspreis der Optionen nachträglich gesenkt werden kann.

Ethos lehnte auch die Anträge der Verwaltungsräte von Centerpulse, Saia Burgess, Micronas, Jelmoli, Xstrata und Komax für die Schaffung bedingten Kapitals zugunsten der Beteiligungspläne des Managements ab, weil diese Pläne nur wenigen Nutzniessern zugute kommen, weil das dafür reservierte Aktienkapital zu hoch (Komax, Jelmoli, Saia Burgess) und die individuellen Vergütungen potentiell übertrieben (Xstrata) sind oder weil der Ausübungspreis für die Optionen gesenkt (Centerpulse, Micronas) oder die Ausübungsfrist verlängert wurde (Saia Burgess), um den Rückgang des Aktienpreises zu kompensieren.

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